Paukenschlag in Rantrum

25.06.2018

Horst Feddersen tritt als Bürgermeisterkandidat zurück / Henning Weitze mit großer Mehrheit zum Gemeinde-Oberhaupt gewählt

Patricia Wagner RANTRUM Wer nicht aus der Region kommt, hat sich an diesem Abend vermutlich gefragt, welches Konzert im Rantrumer Sporthallentreff stattfindet. Rund 130 Zuhörer saßen dicht gedrängt in dem kleinen Saal der Gaststätte und richteten ihre Blicke nach vorn. Dort hatten die 14 Gemeindevertreter zusammen mit einer Abordnung des Amtes Nordsee-Treene – darunter auch Amtsvorsteherin Eva-Maria Kühl – Platz genommen und sortierten ihre Unterlagen.

Und diese konstituierende Sitzung der rund 1900 Einwohner zählenden Kommune begann dann auch gleich mit einem Paukenschlag: Der stellvertretende Bürgermeister, Walter Carstens (SPD), gab offiziell bekannt, dass Horst Feddersen (SPD) – seit 20 Jahren Bürgermeister Rantrums – von seiner Kandidatur zurückgetreten ist. Auch sein Mandat für diese Wahlperiode habe Feddersen abgegeben, Nachrücker sei Michael Sünram. Feddersen habe das ohne die Angabe von Gründen dem Amt Nordsee-Treene mitgeteilt.

Noch vor zwei Wochen machte Feddersen von sich reden, als er Einspruch gegen das Kommunalwahl-Ergebnis einlegte. Der Grund: Persönliche Wahlunterlagen sollen im Papierkorb gelandet sein (wir berichteten). „Ich will unbedingt etwas loswerden zum Thema Kommunalwahl“, so Carstens. Die SPD/FDP-Fraktion – die beiden Parteien haben sich nach der Kommunalwahl für eine Fraktionsgemeinschaft entschieden – distanziere sich von dieser Wahlanfechtung und ihrer öffentlichen Darstellung. Initiator sei allein Feddersen gewesen. Dazu verlas er einen Brief, den die Wahlhelfer an Gemeinde und Amt verschickt haben. Darin nehmen sie Stellung zu den Vorwürfen und geben ihrer Enttäuschung darüber Ausdruck, dass man ihnen etwas Unrechtes unterstellt habe. „.Alle Wahlhelfer haben nach bestem Wissen und Gewissen und mit größter Sorgfalt gehandelt“, heißt es unter anderem. Für den Fehler, den Datenschutz verletzt zu haben, wolle man sich entschuldigen. Der Müllbehälter im Feuerwehrgerätehaus, in dem die zerrissenen Umschläge der Wahlbenachrichtigungen enthalten waren, hätte sofort zum Amt gebracht werden müssen. Bei dem zerrissenen Wahlzettel habe es sich wiederum um einen ungültigen Stimmzettel für die Kreistagswahl gehandelt. Was nun bleibe, sei ein negativer Makel, der nun an ihrer ehrenamtlichen Arbeit hafte, schreiben die Verfasser am Ende. „Ich kann mich nur im Namen der Gemeinde bei den Wahlhelfern entschuldigen“, sagte Carstens. Der Widerspruch wird jetzt vom Gemeindewahlausschuss, der auf Amtsebene arbeitet, geprüft. Dieser gibt dem Wahlprüfungsausschuss der Gemeinde eine Empfehlung über den Umgang mit dem Vorfall.

Weiter ging es dann mit den Erklärungen der Fraktionen und den Wahlen. Zehn neue Gemeindevertreter wurden in das Gremium gewählt, vier waren in der vergangenen Legislaturperiode schon dabei. „Unser neues Gremium ist stark verjüngt. Ich erhoffe mir eine sachliche Arbeit, gegenseitigen Respekt und konstruktive Diskussionen“, betonte Carstens. „Ich glaube, es ist möglich, dass wir fortan an einem Strang ziehen und nicht an beiden Enden.“ Darüber hinaus verkündete der SPD/FDP-Sprecher, dass seine Fraktion keinen Bürgermeisterkandidaten stellen wolle. „Wir müssen das Wahlergebnis akzeptieren, und außerdem wäre das Zeitverschwendung bei sechs zu acht Stimmen.“ Zur Erinnerung: Die SPD errang im Mai 1993 Stimmen (fünf Sitze), die WIR 1934 Stimmen (fünf Sitze), die CDU 1359 Stimmen (drei Sitze) und die FDP 610 Stimmen (einen Sitz). WIR und CDU bilden zwar keine Fraktionsgemeinschaft, sind aber inhaltlich auf einer Linie.

Somit blieb Henning Weitze (WIR) der einzige vorgeschlagene Bürgermeisterkandidat. Die Abstimmung erfolgte offen, der 61-jährige Betriebswirt erhielt elf Ja-Stimmen. Die übrigen drei Stimmen waren Enthaltungen. Zur Vizebürgermeisterin wurde Bea Rohde, zum zweiten Stellvertreter Christian Theimer gewählt.

„Vielen Dank an alle für ihr Vertrauen“, sagte Weitze nach seiner Vereidigung. „Ohne Unterstützung meiner Frau hätte ich es vermutlich gar nicht gewagt, hier anzutreten.“ Auch bei seinem Vorgänger Horst Feddersen, der nicht anwesend war, bedankte sich Weitze. „Er hat in diesem Dorf viele gute Entwicklungen eingeleitet. Die wollen wir mit kreativen Ideen weiterführen.“

„Eigentlich wollte ich schon vor zwei Jahren aufhören, aber damals gab es noch keinen politischen Nachwuchs. Das ist jetzt anders und da freue ich mich drüber“, erklärte Horst Feddersen auf Anfrage unserer Zeitung. Er sei zurückgetreten, um für die jungen Fraktions-Mitglieder und seinem Amts-Nachfolger den Weg frei zu machen. „Alles hat seine Zeit.“

Hier der Link zum Artikel